Eine Vision, eine Familie & ein mutiger Neuanfang: Wie die 22-jährige Gloria das Hotel Bergzeit in Österreichs erstes Hunde-Boutiquehotel transformierte

Mit 22 bringt Gloria frischen Mut in den traditionsreichen Familienbetrieb im Großarltal. Was einst ein klassisches Kinderhotel war, wurde unter ihrer Initiative zu Österreichs erstem Hunde-Boutiquehotel mit eigenem Spa, Hundeküche und klarer Haltung: Hund und Mensch gehören zusammen.
Im Interview erzählt Gloria, wie aus einer mutigen Idee ein Ort wurde, der Hund und Mensch auf Augenhöhe willkommen heißt. Sie spricht über die Vision, den Zusammenhalt in der Familie, aber auch über die Zweifel, die ein so radikaler Wandel mit sich bringt. Und warum sich genau dieser Mut heute richtig anfühlt.
Vom Wunsch zur Vision
Gloria, du bist nach deiner Ausbildung ins elterliche Hotel zurückgekehrt. Unter einer klaren Bedingung. Was war deine Motivation?
Ich habe schon während meiner Ausbildung gemerkt, dass ich Lust habe, etwas Eigenes mitzugestalten. Als ich dann darüber nachdachte, ins Hotel meiner Eltern zurückzukehren, war für mich schnell klar: Ich möchte das nur machen, wenn wir gemeinsam einen neuen Weg einschlagen. Einen, der nicht einfach nur das Alte fortführt, sondern der für etwas steht. Ich liebe Hunde, bin mit ihnen aufgewachsen. Und ich habe gemerkt, dass es kaum Orte gibt, an denen sich sowohl Hunde als auch Menschen auf Augenhöhe wohlfühlen. Diese Lücke wollte ich füllen.
Was hat den Ausschlag gegeben, den mutigen Schritt Richtung Hundehotel zu gehen?
Der Anstoß kam durch eine eher ungewollte Veränderung: Der Fluss hinter unserem Haus musste vom Bauamt aus verbreitert werden. Zuerst waren wir skeptisch, weil uns dadurch Fläche verloren ging. Aber als wir gesehen haben, wie schön dieser neue Bereich für Hunde sein könnte mit Natur, Auslauf, Wasserzugang, da war plötzlich die Idee da. Und sie hat mich nicht mehr losgelassen.

Ich habe mich gefragt: Was fehlt hier eigentlich, nicht nur bei uns im Haus, sondern im ganzen Tal? Und dann war es plötzlich offensichtlich: Es gibt kein einziges Hotel, das Hunden wirklich gerecht wird. Kein Ort, der Zwei- und Vierbeinern echten Luxus bietet ohne Kompromisse, ohne ‚nur erlaubt‘. Da wusste ich: Genau das braucht es!
Welche Vision hast du?
Ich wollte keinen Kompromiss. Mein Ziel war klar: Luxus für Mensch und Hund und zwar ohne dass einer von beiden sich zurücknehmen muss. Ich wollte einen Ort, an dem Hundemenschen sich verstanden fühlen. Nicht irgendwo ein Schild „Hunde erlaubt“ und dann ist doch alles auf Nein getrimmt. Sondern echte, liebevolle Integration.

Mein Wunsch ist, das beste Hundehotel Österreichs zu werden. Vielleicht sogar Europas.
Aber vor allem: Dass die Menschen mit einem Lächeln abreisen, weil ihr Hund genauso Urlaub hatte, wie sie selbst.
Ein Familienbetrieb im Wandel
Wie hat deine Familie auf die Idee reagiert?
Ganz offen zum Glück. Ich war ehrlich: Ich komme nur zurück, wenn wir gemeinsam etwas Neues wagen. Meine Eltern haben schnell gemerkt, wie ernst ich es meine und haben gesagt: „Wenn du das willst und dich reinhängst, dann machen wir das."
Klar, ich hätte das alleine mit 22 nie stemmen können, finanziell und auch vom Aufwand her. Aber wir haben uns zusammengesetzt, alles durchdacht, gemeinsam geplant und dann losgelegt. Ich habe sehr viel Rückhalt bekommen. Das war keine Selbstverständlichkeit und dafür schätze ich meine Eltern sehr!
Wie arbeitet ihr heute als Familie zusammen?
Mein Papa steht selbst in der Küche und zwar mit echter Leidenschaft. Meine Mama ist im Backoffice die Stütze des Ganzen. Ich mache das Marketing, bin viel im Service, spreche mit Gästen, organisiere. Selbst meine Schwester hilft mit, wenn sie Zeit hat. Das ist wirklich ein Familienprojekt seit 20 Jahren. Ich glaube, das spüren auch unsere Gäste. Wir kennen fast jeden beim Namen, natürlich auch die Hunde. Genau das macht unser Haus aus: Wir sind nicht anonym, sondern nah dran. Und das wird unglaublich geschätzt.
Welche Rolle spielen Hunde in eurer Familie?
Hunde gehörten immer dazu. Ich bin mit einem aufgewachsen. Auch meine Schwester liebt Tiere – sie hat eine Katze, die hier sehr verwöhnt wird.

Unsere Liebe zu Tieren war auf jeden Fall ein Antrieb, das Konzept neu zu denken.
Wir würden tatsächlich selbst sehr gern wieder einen Hund haben, aber wir wissen auch: Im Moment könnten wir ihm nicht gerecht werden. Wir alle sind so stark im Hotel eingebunden, dass einfach die Zeit fehlt. Und bevor wir das auf dem Rücken eines Tieres austragen, stecken wir lieber unsere eigenen Wünsche zurück. Umso schöner ist es, dass jetzt so viele Gäste mit Hund kommen. Dadurch haben wir trotzdem immer wieder Hunde um uns und das ist jedes Mal ein Geschenk.
Was heute anders ist
Wie viel habt ihr beim Umbau verändert?
Fast alles. Drei Monate lang war das Hotel 2025 geschlossen. Der komplette Keller wurde neu gemacht, vom ersten bis zum dritten Stock alle Zimmer renoviert. Wir haben auf hochwertige, hundefreundliche Materialien geachtet und alles so gestaltet, dass Hund und Mensch sich gleichermaßen wohlfühlen. Die Neueröffnung als Österreichs erstes Hundeboutiquehotel war im Juni 2025.
Dabei war uns besonders wichtig, nachhaltig zu bauen mit natürlichen und regionalen Materialien wie Holz und hochwertigen Textilien, die gut für Mensch, Tier und Umwelt sind.
Was unterscheidet das Hotel Bergzeit heute von anderen Hotels?
Wir haben ein eigenes Hundeprogramm mit Social Walks, Wanderungen und Gesprächsrunden mit einem erfahrenen Hundetrainer, Trainingseinheiten, sogar eine Einführung ins Agility, Hundespa, Hundefriseurin.
Im Restaurant gibt es Hundekuchen, gekocht aus denselben Zutaten wie unser Abendmenü. Und natürlich orthopädische Hundebetten in jedem Zimmer.
Auf dem Zimmern und vor den Hundeauslaufen gibt es Kotbeutel und im Eingangsbereich gibt es nicht nur Leckerlis zur freien Entnahme, sondern auch eine Ecke für Schmuddelpfoten.
Und auch beim Thema Nachhaltigkeit gehen wir unseren eigenen Weg:
- Reinigung: Wir setzen ausschließlich auf destilliertes Wasser, Alkohol und effektive Mikroorganismen, also komplett ohne chemische Reiniger. Das schützt nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit aller Zwei- und Vierbeiner.
- Kulinarik: Unsere Küche verwendet regionale, saisonale und möglichst lokale Zutaten – vieles davon stammt direkt aus dem Großarltal.
- Energie: Das gesamte Hotel wird CO₂-sparend mit Fernwärme aus Großarl beheizt.
- Mobilität: Mit dem Mobilitätspass Salzburg können unsere Gäste den öffentlichen Nahverkehr im ganzen Bundesland kostenlos nutzen – perfekt, um das Auto einfach mal stehen zu lassen.
Insgesamt gibt es im Hotel 26 Zimmer klein genug, um persönlich zu bleiben, und groß genug, damit sich alle wohlfühlen.
Worauf legt ihr im Alltag besonders Wert?
Dass unsere Gäste spüren, dass hier nichts aufgesetzt ist. Dass alles, was wir tun vom liebevoll angerichteten Frühstück bis zur persönlichen Begrüßung an der Rezeption, wirklich von Herzen kommt.
Uns ist wichtig, dass der Hund nicht als Anhang gesehen wird, sondern als vollwertiger Gast. Er soll sich genauso willkommen fühlen wie sein Mensch. Dafür achten wir auf kleine Details: auf Leckerlis, kuschelige Rückzugsorte und ein abwechslungsreiches Programm. Gleichzeitig möchten wir diese familiäre Atmosphäre bewahren. Kein anonymes Hotel, sondern ein Ort, an dem man sich zuhause fühlt. Wo man mit Namen begrüßt wird, wo wir uns wirklich für unsere Gäste interessieren – auf zwei und vier Beinen.
Zwischen Skepsis und Rückenwind
Wie haben Gäste und Einheimische auf die Neuausrichtung reagiert?
Unsere Gäste sind begeistert. Viele sagen: Wenn sich der Hund wohlfühlt, kommen wir wieder. Die Einheimischen waren anfangs skeptisch. Einige sagten sogar: Das wird nichts. Aber inzwischen sprechen viele stolz über unser Projekt. In Salzburg wurde ich schon auf das Bergzeit angesprochen.
Gab es Momente, in denen du gespürt hast: Das war genau die richtige Entscheidung?
Viele. Aber besonders war eine alleinreisende Frau, die mit ihrem Hund kam. Sie hatte Bedenken, allein zu verreisen. Am Ende hat sie sich bedankt und gesagt: Jetzt trau ich mich wieder. Solche Momente machen alles wert.
Der Blick nach vorn
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass wir als Familie weiterhin so eng zusammenarbeiten können. Dass wir nicht stehen bleiben, sondern unser Konzept stetig weiterentwickeln, immer mit dem Fokus auf Qualität, Hundefreundlichkeit und echte Gastfreundschaft. Ich hoffe, dass wir mit dem Hotel Bergzeit viele weitere Hundemenschen inspirieren können, sich auf den Weg zu machen. Dass sie spüren: Hier sind wir mit unserem Vierbeiner nicht nur erlaubt, sondern wirklich willkommen. Und vielleicht wünsche ich mir auch insgeheim, dass unser Hotel irgendwann stellvertretend für eine neue Art des Reisens steht. Eine, bei der Hunde nicht die Ausnahme sind, sondern Teil der Vision.
Danke für das Gespräch, Gloria.